Die Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen ist Immaterielles Kulturerbe in Deutschland

Das traditionelle Müllerhandwerk zu erhalten ist das Ziel der Müllergilde. Diese vermittelt vor- und frühindustrielle mühlentechnische Kenntnisse und Erfahrungen und sichert somit die Weitergabe der spezifischen handwerklichen Fähigkeiten durch Unterstützung der Handwerksmüllerausbildung. Jetzt erfährt das Engagement des Vereins eine offizielle Würdigung: Die traditionelle Handwerksmüllerei ist Anfang Dezember 2018 zusammen mit 17 weiteren Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden.


In einem gemeinsamen Schreiben der Deutschen UNESCO-Kommission und der Kultusministerkonferenz heißt es dazu:

„Das Expertenkomitee würdigt die Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen als wichtigen Beitrag zur Erhaltung des traditionellen Müllerhandwerks. Die Maßnahmen zur Vermittlung des Handwerks und der damit verbundenen vor- und frühindustriellen mühlentechnischen Kenntnisse sowie Erfahrungswerte überzeugen. Sie sichern sowohl die Pflege als auch die Weitergabe des spezifischen handwerklichen Wissens und Könnens durch Unterstützung der Handwerksmüllerausbildung. Dieser Kulturpflegeansatz einer sehr engagierten Trägergemeinschaft überzeugt auch im Zusammenspiel mit seinen denkmalpflegerischen Aspekten.“

Müller früher

Der Beruf des Müllers ist einer der ältesten der Welt. Der traditionelle Handwerksberuf erscheint heute oft hart und entbehrungsreich. Im 18. und 19. Jahrhundert aber waren Mühlen sehr oft hoch moderne Verarbeitungsstätten, die effizient die Naturkräfte nutzten. Bekannt sind über 180 verschiedene Nutzungsarten, in denen zum Beispiel Mahl-, Öl-, Säge- oder Schleifmüller arbeiteten. Ihre Produktionsstätten legten den Grundstein für die industrielle Revolution. Wasser- und Windmühlen prägen bis heute viele Landschaften in Deutschland.

Müller heute

Heute ist die Müllerei ein Beruf, der im dualen Ausbildungssystem erlernt werden kann. An Müllerschulen erwerben die Auszubildenden alle Kenntnisse, die auf einen Industriebetrieb ausgerichtet sind. Das Arbeiten mit Wind- und Wasserkraft sowie mit traditionellen Mahlverfahren zur Herstellung von verkehrsfähigen Mühlenprodukten, wie das Mahlen mit Mühlsteinen, sind heute im Lehrplan nicht mehr zu finden. Das Erlernen derartiger Techniken erfolgt nur noch in einigen Handwerksmühlen, die sich der Tradition verpflichtet sehen. Bundesweit nutzen noch ungefähr 50 Mühlen von ehemals ca. 50.000 die Antriebstechniken Wind- bzw. Wasserkraft und halten das traditionelle Müllerhandwerk am Leben.

Wind und Wassermühlen in Deutschland

Neben den heute noch professionell aktiven Mühlen gibt es eine zunehmende Zahl von Wind- und Wassermühlen, die auf semiprofessioneller, ehrenamtlicher Basis betrieben werden (Museumsbetrieb) und auf diese Weise das Müllerhandwerk in die Zukunft tragen. Einzelpersonen und Vereine bemühen sich z.B. im Rahmen von Ausbildungskursen, den Umgang mit einer Wind- oder Wassermühle und die Fähigkeit zur Ausübung der traditionellen handwerklichen Müllerei zu vermitteln.

Die Müllergilde e.V.

Um das traditionelle Müllerhandwerk als lebendiges kulturelles Erbe zu erhalten, wurde am 19. Februar 2017 in Bardowick bei Lüneburg der überregional tätige Verein „Die Müllergilde – Interessengemeinschaft für das traditionelle Müllerhandwerk und historische Mühlen e.V.“ (Kurzform: Die Müllergilde e.V.) gegründet. Der Verein verfolgt sein Ziel insbesondere durch die Pflege und Vermittlung der traditionellen handwerklichen Müllerei in Verbindung mit der Erhaltung und dem Betrieb historischer Mühlen als Kultur- und Technikdenkmale.

Wer ist in der Müllergilde?

Für die Bewerbung zum Immateriellen Kulturerbe konnte die Müllergilde bundesweit etwa 50 aktive Mühlen (gewerbliche Mühlenbetriebe und ehrenamtlich betriebene Wind- oder Wassermühlen) sowie einige Mühlenvereine als ideelle Unterstützer gewinnen, darunter die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) e.V. und folgende ihrer Landesverbände: Schleswig-Holstein / Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin-Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Hinzu kamen als regional tätige Vereine das Rheinische Mühlen-Dokumentationszentrum (RMDZ) e.V. und der Verein Mühlenregion Nordsachsen e.V.

Was bedeutet „Immaterielles Kulturerbe“?

Der weltweit beachtete Titel "Immaterielles Kulturerbe der Menschheit" beinhaltet keine finanzielle Förderung seitens der UNESCO. Wird eine kulturelle Ausdrucksform in ein nationales Verzeichnis (wie im Fall der Müllergilde bzw. der Handwerksmüllerei) oder eine der internationalen Listen des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen, fördert dies den Respekt und die Wertschätzung gegenüber den betreffenden Gemeinschaften, Gruppen und Individuen und ihrem Immateriellen Kulturerbe. Eine Anerkennung durch die UNESCO hilft auch, kulturelle Ausdrucksformen dauerhaft durch kulturpolitische Maßnahmen zu schützen. Die Auszeichnung hat auch Bedeutung für den Denkmalschutz und den Tourismus, da sie den Kulturtourismus und die lokale, regionale und nationale Wirtschaft unterstützen kann.

Immaterielles Kulturerbe bewirkt, dass Menschen sich einer Gemeinschaft zugehörig fühlen. Die kulturelle Ausdrucksform (in unserem Fall der Handwerksmüllerei) vermittelt ein Gefühl von Kontinuität und Identität und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Insbesondere vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist die Bewahrung traditioneller und zugleich zeitgenössischer kultureller Ausdrucksformen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Immaterielles Kulturerbe hat aber nicht nur eine soziale, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung: Einerseits sind das über Generationen überlieferte Wissen und die damit verbundenen vielfältigen Fähigkeiten, zum Beispiel Handwerkstechniken in der Müllerei, eine wichtige kulturelle Ressource. Andererseits geht es auch um das Produkt dieser Kenntnisse und Fähigkeiten, also die handwerklich hergestellten Mehle, Schrote usw.

Weitere Informationen zum bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes unter
www.unesco.de

Nutzung der Anerkennung der "Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen" als Immaterielles Kulturerbe

Auf Initiative der Müllergilde wurde das traditionelle Müllerhandwerk, wie es insbesondere in Wind- oder Wassermühlen praktiziert wird, im Dezember 2018 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Freuen Sie sich mit uns über diese Auszeichnung. Die Deutsche UNESCO-Kommission war gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz Entscheidungsträger für diese Würdigung. Das traditionelle Müllerhandwerk, ob professionell oder ehrenamtlich ausgeübt, erfährt hierdurch eine enorme gesellschaftliche Anerkennung und Aufwertung – es ist der gesellschaftliche Wille, ja sogar die Forderung, dass wir Müller auch in Zukunft gewollt sind und dass wir bestehen sollen. Mühlen sollen mahlen!

Die Müllergilde e.V. und die Deutsche UNESCO-Kommission haben gemeinsam die Grundlagen für die Nutzung der Anerkennung der "Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen" als Immaterielles Kulturerbe erarbeitet.

Das traditionelle Müllerhandwerk soll als lebendiges kulturelles Erbe gelebt und in die Zukunft ge-tragen werden. Für die Nutzung der Anerkennung der „Handwerksmüllerei in Wind- oder Wasser-mühlen“ als Immaterielles Kulturerbe werden folgende Kriterien zu Grunde gelegt:

  • Der Antrieb einer Mühle bzw. ihrer Verarbeitungsmaschinen erfolgt durch Wind- oder Wasserkraft, unabhängig von ihrer Nutzungsform, wie z.B. Getreide-, Öl-, Senf-, Sägemühlen.
  • Der Maschinenantrieb erfolgt gänzlich oder teilweise über Transmissionstriebe.
  • Es werden wiederkehrend und in regelmäßigen Abständen verkehrsfähige Mühlenerzeugnisse hergestellt.

Die Müllergilde lädt alle Mühlenbetreiber und Vereine, deren Tätigkeit den Kriterien entspricht, ein, die Nutzung der Anerkennung und des Logos bei der Müllergilde zu beantragen.

Für weitere Fragen und die Anforderung der Dokumente für die schriftliche Vereinbarung zur Nutzung der Anerkennung wenden Sie sich bitte an den Vorstand der Müllergilde. Den Eintrag der „Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen“ im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes finden Sie hier!

Meyer's Windmühle Mühlenstraße 36/38, 21357 Bardowick www.meyers-windmuehle.de
Ölmühle Walz Appenweierer Straße 56, 77704 Oberkirch www.oelmuehle-walz.de
Teichmühle Winzenburg Teichmühle 1, 31084 Freden OT Winzenburg www.teichmuehle-winzenburg.de
Windmühle Sventana Langenrader Mühle 4, 24326 Ascheberg
Accumer Mühle An der Mühle 17, 26419 Schortens-Accum www.facebook.com/AccumerMuehle
Kriemhild Mühle Nordwall 5, 46509 Xanten www.kriemhild-muehle.de
Maiermühle Teisendorf Bahnhofstraße 32, 83317 Teisendorf
Brücker Mühle Am Friedenstein 6, 35287 Amöneburg www.brueckermuehle.de
Riepenburger Mühle Kirchwerder Mühlendamm 75a, 21037 Hamburg www.historische-muehle-potsdam.de
Historische Mühle von Sanssouci Maulbeerallee 5, 14469 Potsdam www.historische-muehle-potsdam.de
Mühle Nicola Auf der Freiheit 1, 24837 Schleswig www.muehle-nicola.de
Dinkelmühle Graf Mühlbergstraße 10, 88459 Tannheim www.dinkelmuehle-graf.de
Windmühle Johanna Schönenfelder Straße 99a, 21209 Hamburg www.windmuehle-johanna.de
Clauder Mühle Karl Marx Straße 2, 99510 Ilmtal Weinstraße OT Denstedt www.clauder-muehle.de
Buchfarter Mühle Weimarische Straße 1, 99438 Buchfart www.buchfarter-muehle.de
Paulicks Mühle Vetschauer Str.26, 03096 Burg OT Müschen www.paulicks-muehle.eu
Windmühle Paula An der Windmühle, 31518 Wunstorf-Steinhude www.windmuehle-steinhude.de
Wassermühle Karoxbostel Karoxbosteler Chaussee 51, 21218 Seevetal www.wassermuehle-karoxbostel.de
Stegmühle Hainzell An der Brücke 8, 36154 Hainzell www.stegmuehle-hainzell.de
Biomehle Doll Friedrichstraße 8, 56370 Kördorf www.biomehle-doll.de
Venti Amica Mühlenstraße 16, 21723 Hollern-Twielenfleth www.venti-amica.de