Barrierefreie Farben gemäß DIN 32975

Welche Farbkombinationen sind barrierefrei?

Erst seit 2009 gibt es eine DIN-Norm zur "Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung". Sie regelt Farbgebungen bestimmter Elemente in Bereichen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, wie z. B. Schwimmbädern, Straßen, Rathäusern, private Gaststätten, Biergärten, Campingplätze, Hotels, ...

Die Norm soll auch Sehschwachen einen gefahrfreien Aufenthalt in der Öffentlichkeit ermöglichen. Sie ist immer dann einzuhalten, wenn ein Bau als "barrierefrei" bezeichnet werden soll. Vielfach hat sich die öffentliche Hand hierzu verpflichtet. Oftmals bestehen auch Landesbaugesetze, in denen das für private Bauherren im öffentlichen Bereich gefordert wird.

Anforderungen und ihre Berechnung

Die in der Norm geregelte Farbgebung betrifft wichtige Elemente, die man sofort erkennen muss, damit man sich gefahrlos darin bewegen oder damit umgehen kann. Geregelt sind einerseits die sogenannten "Bedienelemente", wie z. B. Griffe, Knöpfe, Taster an Türen oder Automaten und andererseits auch "Orientierungselemente", wie z. B. Markierungen von Wegen, Beschilderungen und Anzeigetafeln.

Für diese Elemente gilt, dass sie sich mit einem Minimalkontrast von 0,4 von der Umgebung abheben müssen.

Ein erhöhter Minimalkontrast von 0,7 gilt für:

Der Minimalkontrast wird laut Norm berechnet aus der sogenannten Michelson-Formel. Hierzu werden die Hellbezugswerte Y der beiden Farben in folgende Beziehung gesetzt:
K=(Y2-Y1)/(Y2+Y1)

Der Kontrast ergibt sich also lediglich aus den beiden Hellbezugswerten. Die Farbe selbst und ihre Intensität (Sättigung) bleiben außen vor. Ein reiner Farbkontrast, wie z. B. Rot-Grün mit möglichst leuchtenden Farben, ist also nicht normgerecht. Dies ist durchaus sinnvoll, wenn man sich vor Augen führt, dass etwa jeder 20. Mensch (vorwiegend Männer) von einer Rot-Grün-Sehschwäche betroffen ist. Zwar ist absolute Farbenblindheit recht selten, aber es existieren daneben zahlreiche weitere verbreitete Schwächen der Farbwahrnehmung.

"Nachts sind alle Katzen grau", sagt der Volksmund. Mit anderen Worten: Auch Normalsichtige erkennen im Dunkeln weder Farb– noch Sättigungsunterschiede. Da wir uns aber dennoch gefahrlos bewegen wollen, ist die Normbasis des Helligkeitskontrasts sinnvoll.

Für eine vorgegebene Farbe werden die hierzu normgemäß ausreichend kontrastierenden Farben berechnet.

Kurzanleitung

  1. Wählen Sie auf der linken Seite die Vorgabefarbe.
  2. Geben Sie auf der rechten Seite an, ob es sich um Elemente mit erhöhten Anforderungen handelt (Kmin = 0,7) oder um allgemeine Orientierungs– und Bedienelemente (Kmin = 0,4).
  3. Es werden die passenden Ergänzungsfarben in einer Liste angezeigt.
  4. Klicken Sie auf eine aufgelistete Farbe, um weitere Informationen zu dieser zu erhalten. Sie können diese Liste als PDF-Datei abspeichern.

Michelson-Formel, Beleuchtungsstärke, Leuchtdichte und Hellbezugswert

Eigentlich setzt die DIN 32975 die sogenannten Leuchtdichten zweier Flächen in die Beziehung der o. g. Michelson-Formel, also:
K=(L2-L1)/(L2+L1)

Die Leuchtdichte ist ein Maß für die Intensität des Lichtstroms, der von einem Quadratmeter einer leuchtenden Oberfläche ausgeht. Sie wird in Candela pro Quadratmeter gemessen und ist z. B. sehr hoch bei der Sonne am Tageshimmel (1,6 Mrd. cd/m²), geringer bei einer Glühbirne (120.000 cd/m²) oder beim mittleren bedeckten Himmel (2.000 cd/m²). Es gilt: Je kleiner oder je heller eine Lichtquelle, umso höher die Leuchtdichte.

Candela ist das Maß für die Beleuchtungsstärke und wurde ursprünglich definiert als das "in 1 Meter Entfernung auf einen Quadratmeter auftreffende Licht, das von einer Kerze erzeugt wird, die 7,77 g Walrat pro Stunde verbraucht". Heutzutage werden Kerzen zum Glück nicht mehr aus Walfischen hergestellt, und die Definition der Beleuchtungsstärke wurde (leider) unanschaulich präzisiert: "Eine Lichtquelle hat in einer gegebenen Raumrichtung 1 cd Lichtstärke, wenn sie auf einem Sensor mit der genormten spektralen Empfindlichkeitsverteilung des menschlichen Auges dasselbe Signal erzeugt, wie monochromatisches Licht der Frequenz 540 · 1012 Hz und der Strahlungsstärke von 1/683 W/sr."

Bei den Markierungen und Gegenständen, die die DIN 32975 behandeln soll, haben wir es nicht mit Lichtquellen zu tun, sondern mit farbigen Oberflächen, deren Leuchtintensität sich aus den Reflexionseigenschaften und aus der Beleuchtungssituation ergibt. Setzt man nun das CIE-Neutralweiß als Standardlicht ein, kann in der Michelson-Formel auch der Hellbezugswert Y eingesetzt werden:
K=(Y2-Y1)/(Y2+Y1)

Hierbei werden Standardvoraussetzungen getroffen, die in der Realität des öffentlichen Raumes bei Tageslicht oder einer Beleuchtung unter einem kontinuierlichen oder weißen Spektrum recht gut gelten.

Allerdings ergibt sich eine konzeptionelle Schwäche der DIN Norm für die im öffentlichen Raum weit verbreiteten farbstichigen Lichtquellen. Folgendes Beispiel: Eine Markierung auf dunklem Pflasterstein wird in Signalgrün angelegt (enges Remissionsspektrum). Wird die Markierung nun von Licht beleuchtet, das keine grünen Anteile aufweist (z. B. Quecksilberdampflampen), so wird diese tagsüber deutlich sichtbare Markierung im Dunkeln fast unsichtbar sein!